Europäischer Grauwolf (Canis lupus lupus)
Taxonomie: Gattung Säugetiere – Ordnung Raubtiere – Familie Hundeartige
Steckbrief
- Körpermaße/ Aussehen
- Länge 100-140 cm (inkl. Rute)
- Schulterhöhe 70-90 cm (Fähe 60-80 cm)
- 42 Zähne
- buschige Rute (ca. 30-50 cm lang) mit schwarzer Spitze
- kleine, abgerundete, dreieckige Ohren (Rückseite oft rötlich)
- Merkmale
- Fellfarbe grau mit rötlichen, gelblichen bzw. bräunlichen Tönungen
- hochbeinig – lange, schlanke Beine (Langstreckenläufer – bis zu 80 km/ 24 Std.)
- häufig Sattelfleck auf dem Rücken
- gerade Rückenlinie (Hund oft nach hinten abfallend)
- die Rute wird fast immer herabhängend getragen
- helle Lefzen, Kehle und Wangen
- oft dunkle Färbung der Vorderseite der Vorderläufe
- ausgezeichneter Geruchssinn (können Beutetiere und Artgenossen bis zu 2 km wittern)
- kann hervorragend hören (nimmt Töne bis 40 kHz wahr und kann so das Heulen anderer Wölfe bis zu 9 km weit hören)
- gute Nachtsichtigkeit und 250° Blickwinkel
- hellbraune bis gelbe, schrägstehende Augen
- dämmerungs- und nachtaktiv (angepasst an die Beutetiere)
- im „geschnürten Trab“ 10-12 km/h, kurzfristig bis zu 50 km/h schnell
- guter Schwimmer
- grundsätzlich meiden Wölfe den Menschen
- Gewicht (m/w)
- 30-50 kg
- Geschlechtsdimorphismus (Fähen sind durchschnittlich 15-20% kleiner und leichter als Rüden)
- Habitat
- Wölfe sind sehr anpassungsfähig und waren früher auf der ganzen Nordhalbkugel verbreitet
- sie können dort leben wo es genügend Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten gibt (vorrangig zur Aufzucht der Welpen)
- beispielsweise leben Wölfe in Italien Nähe Rom auf Müllkippen und in Rumänien in unmittelbarer Nähe der Stadt Brasov
- nutzen menschliche Strukturen wie z.B. Wege, Straßen und Brücken (meist zu anderen Zeiten als der Mensch)
- Territorium
- die Größe der Territorien ist abhängig von der Nahrungsverfügbarkeit (Beutetierdichte) und den Rückzugsräumen
- in Deutschland ca. 200 km² (Mitteleuropa 100-350 km²)
- in kargen Gebieten (z.B. Nordamerika) kann das Territorium auch 1000 km² groß sein
- das Territorium wird gegen andere Wölfe verteidigt (häufigste Todesursache nach dem Straßenverkehr sind innerartliche Auseinandersetzungen)
- Fähe und Rüde belaufen die Grenzen regelmäßig und markieren beide ihr Territorium (Losungen werden oft „prominent“ auf Wegen und/ oder an Kreuzungen platziert)
- über Heulen wird das Revier akustisch markiert, der Zusammenhalt gestärkt und Kontakt zu anderen Artgenossen aufgenommen
- Wachstum von ca. 30% in nichtregulierten Wolfspopulationen
- Nahrung
- Beutespektrum ist abhängig vom jeweiligen Vorkommen im Territorium
- vorwiegend mittelgroße Huftiere (Reh, Dam-/ Rotwild, Schwarzwild), jedoch auch Kleinsäuger – Nahrungsspektrum siehe hier
- bevorzugt Jungtiere, alte, schwache oder kranke Beutetiere
- als Nahrungsopportunist reißt der Wolf auch ungeschützte/ unzureichend geschützte Nutztiere, sollte sich dazu eine günstige Gelegenheit ergeben
- Speiseplan schwankt im Jahresverlauf und kann im Herbst auch Obst und Früchte enthalten
- Nahrungsbedarf durchschnittlich 2-3 kg Fleisch/ Tag
- kann bis zu 11 kg auf einmal fressen, aber auch 2 Wochen hungern
- Hetzjäger – Beute wird selektiert und dann gehetzt
- Tötet mit Kehlbiss
- verschleppen die Beute oft über größere Strecken
- Beute wird komplett genutzt (gefressen), die Innereien (z.B. Pansen und Darm) werden herausgerissen und liegen oft neben dem Riss
- können die Beutetiere nicht fliehen (i.d.R. Nutztiere im Pferch), kommt es immer wieder zum sog. „Surplus Killing„, d.h. der Wolf tötet mehr Beutetiere als er fressen kann (man kennt das Phänomen vom „Fuchs/Marder im Hühnerstall“)
- Fortpflanzung
- Wölfe leben monogam und im Rudel (Familienverband)
- das Rudel ist ein Familienverband aus den Eltern, den aktuellen Welpen und den ein Jahr älteren Geschwistern (Jährlinge)
- die Größe des Rudels ist abhängig von der Größe der Beutetiere, in Europa im Durchschnitt 8-10 Tiere (Nordamerika bis zu 20 Tiere)
- die Ranzzeit ist Januar-März
- normalerweise pflanzen sich nur die Elterntiere fort
- es gilt eine sogenannte Inzestsperre
- fällt der Rüde während der Ranzzeit aus und leben im Rudel noch weitere geschlechtsreife Fähen, so kann sich ein neuer Rüde mit Mutter und Tochter verpaaren
- Doppelreproduktionen sind selten, kommen jedoch bei hoher Nahrungsverfügbarkeit gelegentlich vor
- Tragzeit 61-64 Tage
- Ende April/ Anfang Mai werden 4-6 Welpen (300-500 g) in der Wurfhöhle geboren
- die Welpen werden 6-8 Wochen lang gesäugt
- die Welpen sind mit ca. 10 Monaten ausgewachsen
- Geschlechtsreife meist mit 22 Monaten
- die Jährlinge beteiligen sich an der Aufzucht der aktuellen Welpen
- die Welpen halten sich am sog. Rendezvouz-Platz auf (dieser wechselt mit zunehmender Mobilität der Welpen), während die Erwachsenen jagen
- mit 1-2 Jahren wandern die Jungwölfe ab und suchen sich ein eigenes Territorium (und Partner)
- abwandernde Jungwölfe legen auf der Suche nach einem eigenen Revier oft Strecken von mehreren hundert Kilometern zurück (über 1500 km dokumentiert „Alan“)
- im Spätherbst und Winter werden besonders viele „Wanderwölfe“ Opfer im Straßenverkehr
- natürliche Feinde: Bär, Luchs (Welpen)
- Lebenserwartung in freier Wildbahn ca. 10-13 Jahre (in Gefangenschaft bis zu 18 Jahre)
- hohe Mortalität in den ersten beiden Lebensjahren (bis zu 50%)
- unter natürlichen Bedingungen gibt es keine Rangfolge (sog. „Alphatiere“ und „Omegawölfe“), diese Hierarchien gibt es lediglich unter künstlichen Bedingungen in einem Gehege (soziale Spannungen, die nicht abbaubar sind)
- Unterarten (und Vorkommen)
- Ägyptischer Wolf (Canis lupus lupaster) – Agypten und Libyen
- Arabischer Wolf (Canis lupus arabs) – arabische Halbinsel
- Hokkaido Wolf (Canis lupus hattai) – ausgestorben 1889
- Indischer Wolf (Canis lupus pallipes) – Israel, Indien
- Italienischer Wolf (Canis lupus italicus) – italienische Halbinsel
- Kaspischer Wolf (Canis lupus cubanensis) – Kaukasus, angrenzend Türkei und Iran
- Mexikanischer Wolf (Canis lupus baileyi) – USA, Mexiko
- Polarwolf (Canis lupus arctos) – Grönland, kanadische Arktis
- Russischer Wolf (Canis lupus communis) – Russland
- Steppenwolf (Canis lupus campestris) – Zentralasien
- Timberwolf (Canis lupus lycaon) – Kanada
- Tundrawolf (Canis lupus albus) – Eurasien
Verbreitung/ Projekte
- derzeit ca. 17.000 Wölfe in Mitteleuropa
- aktuelle Verbreitungskarte für Deutschland:
- Verbreitungskarten anderer europäischer Länder:
Konflikte
- in der Vergangenheit
- durch direkte Verfolgung fast ausgerottet (Fallen, Gift, Schusswaffen)
- Nahrungskonkurrent des Menschen
- heute
- Wolf – Mensch
- Rolle des Wolfes in der Geschichte („Rotkäppchen“)
- Angst durch Unwissenheit (Freizeitgestaltung in Wolfsgebieten)
- Wolf – Jagd
- Der Wolf als „Mitjäger“ (=Konkurrent?)
- Wolf und Jagdhunde
- Wolf – Nutztierhaltung
- Risse von Nutztieren
- Erforderlichkeit von Herdenschutzmaßnahmen
- Wolf – Mensch
Schutz-/ Gefährdungstatus
- Schutz nach Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) (Anhang II)
- Berner Konvention (Anhang II – streng geschützt), Bonner Konvention
- Fauna-Flora-Habitat Richtlinie (FFH-RL) (Anhang II und IV – streng geschützt)
- Umsetzung im Bundesnaturschutzgesetz, Bundesartenschutzverordnung (besonders geschützt)
- IUCN (ungefährdet – least concern)
- Rote Liste Deutschland (Stufe 3 – gefährdet)
- sehr selten gem. Rote Liste
- jagdbare Tierart mit ganzjähriger Schonzeit in Sachsen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern
Bedrohungen
- Krankheiten (Aujeszkysche Krankheit, Staupe, Parvovirose, Räude und andere Parasiten, Tollwut (Deutschland ist seit 2008 frei von terrestrischer Tollwut))
- Zerschneidung von Lebensräumen (Straßenverkehr)
- Lebensraumverlust durch Bevölkerungswachstum/ Industrialisierung
- illegale Tötung/ Wilderei
- Rückgang der Beutetierpopulationen
- Störungen durch den Menschen (alle Formen moderner Freizeitnutzung)
Wo kann man Wölfe beobachten (freie Natur/ Wildpark)
- in freier Natur kann man mittlerweile überall in Deutschland Wölfen begegnen, obwohl solche Begegnungen selten sind
- siehe Verbreitungskarte Deutschland – Ebene „Wildtierparks etc. mit Wölfen“
Touren/ Wanderungen
- Wanderungen mit Kenny Kenner in der Göhrde (Niedersachsen)
- Wanderungen mit Stephan Kaasche in der Lausitz (Sachsen)
- Exkursionen und Seminare im Wolfsgebiet mit Wolflandtours (Sachsen)
Wie kann man fördern/ unterstützen
- Mitgliedschaft Gesellschaft zum Schutz der Wölfe
- Mitgliedschaft Freundeskreis freilebender Wölfe
- Spende auf ein zweckgebundenes Herdenschutzkonto beim Freundeskreis freilebender Wölfe (runter scrollen)
Verhalten gegenüber Wölfen
- Ruhig verhalten, Beobachten und, wie bei allen Wildtieren, Abstand halten
- Nicht auf den Wolf zugehen
- Fühlen Sie sich unwohl, können Sie sich langsam rückwärts zurückziehen
- Nicht wegrennen
- Im Normalfall zieht sich der Wolf von selbst zurück, falls nicht machen Sie sich durch, z.B. Rufe, starkes Gestikulieren und sonstigen Lärm machen, bemerkbar
- Wenn der Wolf wider Erwarten folgt (Jungtiere sind neugieriger als ausgewachsene Wölfe), stehenbleiben und einschüchtern («Großmachen» oder Anschreien)
- Auf das Tier zugehen und ggf. einen Stein oder andere Gegenstände nach ihm werfen
- Sollten Sie sich damit sicherer fühlen, können Sie auch Pfefferspray oder eine Trillerpfeife mit sich führen
- Hundehalter sollten in Wolfsgebieten ihren Hund angeleint bzw. nahe beim Besitzer führen. Bei einem Zusammentreffen mit dem Wolf ist die Leine möglichst kurz zu halten und man sollte sich ruhig zurückziehen
- Wölfe niemals füttern – Gewöhnung an den Menschen (Habituierung) kann zu aktiver Annäherung und dreistem Verhalten ggü. Menschen führen
- Wenn Sie einen Wolf gesehen haben (nach Möglichkeit ein Foto machen), melden Sie bitte die Sichtung mit möglichst genauer Ortsangabe – Kontakte finden Sie hier
Literatur (weiteres im Shop)
- Kinder
- Gomille, Axel „Wölfe: Unterwegs mit dem Tierfotografen Axel Gomille“ (ab 8 Jahre)
- Kenner, Barbara „Wolfsfreundschaft“ (5-10 Jahre) – direkt bei der Autorin bestellen (14,90 € plus Versand; ISBN: 978-3-949689-00-0)
- Scherz, Oliver „Ein Freund wie keine anderer“ (6-8 Jahre)
- Scherz, Oliver „Ein Freund wie keine anderer 2: Im Tal der Wölfe “ (ab 6 Jahre)
- Erwachsene
- Anders, Heiko „Das Leben unserer Wölfe: Beobachtungen aus heimischen Wolfsrevieren“
- Bloch, Günther/ Radinger, Elli H. „Der Wolf kehrt zurück: Mensch und Wolf in Koexistenz?“
- Fuhr, Eckhard „Rückkehr der Wölfe: Wie ein Heimkehrer unser Leben verändert“
- Gomille, Axel „Deutschlands wilde Wölfe“
- Hackländer, Klaus „Er ist da: Der Wolf kehrt zurück“
- Heurich, Marco „Wolf, Luchs und Bär in der Kulturlandschaft: Konflikte, Chancen, Lösungen im Umgang mit großen Beutegreifern“
- Nitsch, Karsten „Wo die wilden Tiere wohnen: Mein Leben als Naturführer in der Lausitz“
- Sonvilla, Christine/ Graf, Marc „Das wilde Herz Europas: Die Rückkehr von Luchs, Wolf und Bär“
Links/ Wissenswertes
- 30.04. Tag des Wolfes (Ende des alten MJ)
- www.Woelfeindeutschland.de
- www.wolfsmonitor.de
- www.dbb-wolf.de
- www.lcie.org
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