Monitoring

Definition, Warum, Wie, SCALP-Kriterien, Altersklassen, Status, Was, Wer, Unterlagen

  • Trittsiegel_Rotwild_mit_Zollstock
  • Trittsiegel_Waschbär_mit_Zollstock
  • Trittsiegel_mit_Zollstock
  • Trittsiegelfolge
  • Prüfung_Kehlbiss

Anmerkung: Die folgenden Ausführungen werden exemplarisch am Beispiel des Wolfes gemacht, lassen sich jedoch ohne Weiteres auch auf andere geschützte Arten (Tiere und Pflanzen) anwenden.

Definition

Monitoring ist die systematische Überwachung von Vorgängen oder Prozessen anhand von Parametern (z.B. Populationsgröße, Lebensraumbedingungen, Bedrohungen, Akzeptanz), die Informationen über den Status des Systems und dessen Veränderung innerhalb eines bestimmten Zeitraums liefern. Ein zuverlässiges Monitoring ist wissenschaftlich abgestützt.

Das Monitoring wird dazu verwendet, die Bestände und Verbreitung des Wolfes und deren Entwicklung über die Zeit zu erfassen. Des Weiteren wird der genetische Zustand und die Gesundheit der Population in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen (z.B. Forschungsinstitut Senckenberg) überwacht.

(Quelle: https://www.kora.ch/de/projekte/monitoring-grossraubtiere/was-ist-monitoring)

Erfordernis und Ziel (Warum?)

Die Begleitung der Populationsentwicklung des Wolfes ist eine zentrale und verpflichtende Aufgabe, die die Europäische Union an ihre Mitgliedsstaaten übertragen hat. Der Wolf ist im Anhang II der FFH-Richtlinie als prioritäre Art und im Anhang IV als streng geschützte Art gelistet. Er ist damit Gegenstand der FFH-Berichtspflichten. Artikel 11 der FFH-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, den Erhaltungszustand dieser Art intensiv zu überwachen. Um die Berichtspflichten erfüllen zu können, ist ein kontinuierliches Monitoring notwendig. Im Turnus von sechs Jahren ist gemäß Art. 17 FFH-RL über den Erhaltungszustand an die EU zu berichten.

Ziel ist es, den in den Anhängen gelisteten Arten zu ermöglichen, aus eigener Kraft ihr ursprüngliches Artareal wiederzubesiedeln. Das ursprüngliche Artareal des Wolfes umfasst den gesamten europäischen Kontinent. Beim Management der Art steht neben der Erfassung der Vorkommen auch der Schutz des Menschen und seiner Nutztiere im Vordergrund. Der Artikel 11 der FFH-Richtlinie erfordert u.a. auch die Berichterstattung über artbezogene Verbreitungsdaten und Entwicklungen der Population. Aussagen zur Habitatqualität, aber auch zu anthropogen bedingten Beeinträchtigungen, die auf die Art einwirken, sowie Maßnahmen des Managements sind zu dokumentieren und zu bewerten.

Der dafür erforderliche aktuell zu haltende Kenntnisstand, die Methoden und die Auswertung der vorliegenden jährlichen Daten werden in Sachsen-Anhalt im jährlichen Monitoringbericht vermittelt. Die Populationsentwicklung soll kontinuierlich überwacht und dokumentiert werden.

(Quelle: Monitoringberichte Wolf Sachsen-Anhalt)

Typen des Monitoring (Wie?)

Das Monitoring unterscheidet sich in zwei Typen.

  1. Das passive Monitoring stützt sich auf Meldungen/ Hinweise aus der Bevölkerung. Das können Spurenfunde (Trittsiegel), Sichtungen (mit und ohne Foto/ Video), Lautäußerungen (Heulen) oder auch tot aufgefundene Tiere (in der Regel Beutetiere) sein. Diese Daten werden registriert, ausgewertet und archiviert. Diese Meldungen sind sehr wichtig, da durch sie z.B. neue Vorkommen in Gebieten erkannt werden können, in denen kein aktives Monitoring stattfindet.
  2. In Gebieten mit bereits bekannten territorialen Wolfsansiedlungen bzw. in Verdachtsgebieten („Suchräume“) erfolgt das aktive Monitoring, das heißt das aktive, systematische Suchen von Anwesenheitsmerkmalen der Art. Dazu gehören die Suche nach Losungen und/ oder Haaren sowie Urin (unter anderem für genetische Analysen), Spuren, Wildtierrissen und der Einsatz von Wildtierkameras (sogenannten „Fotofallen“) zur Ermittlung der Anwesenheit und der Anzahl von Wölfen im jeweiligen Betrachtungsraum. Auch per Foto/ Video belegte Sichtungen, Tonaufzeichnungen (z.B. Heulen), Daten der Nutztierrissbegutachtungen – hier vor allem genetische Belege –, aber auch Totfunde und Daten aus wissenschaftlichen Studien (z.B. Telemetriedaten) fließen in den Erkenntnisprozess ein.

(Quelle: Monitoringberichte Sachsen-Anhalt)

Alle Hinweise zusammen werden ausgewertet mit dem Ziel, Informationen zum Vorkommen und zur Populationsgröße zu erhalten.

  • Das Vorkommensgebiet bezeichnet die Fläche, auf der ein Wolf nachgewiesen wurde (dabei werden auch Einzelnachweise erfasst, z.B. ein Totfund oder ein Jungwolf auf der Wanderung).
  • Dahingegen handelt es sich bei der Populationsgröße um die Verteilung von Territorien und somit um die Anzahl von Rudeln, Paaren oder territorialen Einzeltieren. (Quelle: www.wolf-sachsen.de)

Die Umsetzung des Monitorings fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer. Um über die Ländergrenzen hinweg vergleichbare Daten erheben zu können, wurden im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) die Kriterien für ein standardisiertes Monitoring in Deutschland definiert (BfN-Skript 251 „Monitoringstandards für Großraubtiere in Deutschland“ (2009)) bzw. (BfN-Skript 413 „Monitoring von Wolf, Luchs und Bär in Deutschland“ (2015)).

Diese sogenannten SCALP-Kriterien basieren auf dem Zusammenschluss von Luchsexperten in den Alpenländern zum Monitoring und Schutz des Luchses (Status and Conservation of the Alpine Lynx Population, www.kora.ch) mit dem Ziel, eine länderübergreifende Vergleichbarkeit von Monitoringdaten zu gewährleisten.

Neben den Erkenntnissen zum Erhaltungszustand der Wolfspopulation liefert das Monitoring ebenso wichtige Informationen für die Öffentlichkeitsarbeit und den Herdenschutz. So kann im Interesse der Bevölkerung und vor allem der Tierhalter zeitnah über die Anwesenheit von Wölfen in einem Gebiet informiert werden. (Quelle: www.wolf-sachsen.de)

SCALP-Kriterien (Quelle: www.wolf-sachsen.de)

Man unterscheidet drei Kategorien (C – Category), denen alle eingegangenen und erhobenen Daten nach ihrer Überprüfbarkeit zugeordnet werden. Die Einteilung macht keine Aussage über die fachliche Qualifikation des Beobachters.

C1: eindeutiger Nachweis = harte Fakten, die die Anwesenheit der entsprechenden Tierart eindeutig bestätigen (Lebendfang, Totfund, genetischer Nachweis, Foto, Telemetrieortung)

C2: bestätigter Hinweis = alle Hinweise (Spur, Kot oder Riss), welche anhand aussagekräftiger Dokumentation von einer erfahrenen Person* überprüft und bestätigt werden können

C3: unbestätigter Hinweis = alle Hinweise, bei denen ein Wolf, Bär oder Luchs aufgrund mangelnder Indizienlage weder bestätigt noch ausgeschlossen werden kann. Dazu zählen alle Sichtbeobachtungen ohne Fotobeleg (auch von erfahrenen Personen*) sowie alle Hinweise, die zu alt sind, unvollständig dokumentiert sind, die zu wenige Informationen für ein klares Bild (z.B. einzelnes Trittsiegel) aufweisen oder aus anderen Gründen für eine Bestätigung nicht ausreichen

Falsch: Falschmeldung = Hinweis, bei der die entsprechende Tierart ausgeschlossen werden kann

k.B.: keine Bewertung möglich = Hinweise, zu denen aufgrund fehlender Mindestinformationen keine Einschätzung möglich ist, z.B. Sichtmeldungen von Rissen oder Spuren

* Eine erfahrene Person muss über längere Zeit an Feldarbeit von Wolf-, Luchs- oder Bären-Projekten teilgenommen haben, sodass sie über Routine im Erkennen und Interpretieren von Hinweisen dieser Art verfügt. Auch muss sie regelmäßig Gelegenheit haben, Hinweise zu sehen und auszuwerten, sowie mit der Biologie der jeweiligen Tierart vertraut sein.

Die erhobenen und bewerteten Daten werden zur Ermittlung des Vorkommensgebietes und der Populationsgröße herangezogen. Dabei spielen jedoch ausschließlich die C1-Nachweise und C2- Hinweise eine Rolle. Die Monitoringdaten werden auf Länderebene gesammelt und ausgewertet. Die Monitoringstrukturen sowie der Aufwand unterscheiden sich von Land zu Land erheblich. Einige Länder haben bereits Strukturen geschaffen, um die Nutzung von Fachexpertise und Austausch von Informationen länderübergreifend sicherzustellen. Seit 2009 findet zudem jährlich ein Treffen aller mit dem Wolf- und Luchsmonitoring beauftragter Personen der einzelnen Länder zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) statt. Hierbei werden alle erhobenen Daten der einzelnen Länder vorgestellt und evaluiert. Im Ergebnis dessen werden national abgestimmte Vorkommenskarten der beiden Arten, jeweils rückwirkend für das vorangegangene Monitoringjahr, erstellt. Beim Wolf läuft das Monitoringjahr vom 01. Mai eines Jahres bis zum 30. April des darauffolgenden Jahres. Der Zeitabschnitt umfasst ein biologisches »Wolfsjahr«, von der Geburt der Welpen bis zum Ende ihres ersten Lebensjahres.

Altersklassen (Quelle: Monitoringberichte Sachsen-Anhalt)

Für die Einschätzung des Bestandes ist die Ermittlung der Altersklassen erforderlich.

Folgende Altersklassen werden bundesweit einheitlich unterschieden (Stichtag 01. Mai jeden Jahres):

  • adult – geschlechtsreife Wölfe, Alter > 2 Jahre
  • subadult – Jährlinge, Alter > 1 Jahr und < 2 Jahre
  • adult oder subadult – Wölfe, bei denen nicht sicher bekannt ist, ob sie adult oder subadult sind, die jedoch definitiv keine Welpen sind
  • juvenil – Welpen, Alter < 1 Jahr
  • unbekannt – Wölfe mit unbekanntem Alter

Die Unterteilung in die Altersklassen dient der Erkennung der Rudelstrukturen und der Zählung der mindestens anwesenden Individuen eines Monitoringjahres. Von besonderer Bedeutung sind vor allem die adulten, und somit potentiell reproduktionsfähigen Individuen. Diese territorialen Tiere gehen in die Bestandsermittlung für die FFH-Berichtspflichten ein. Nicht-territoriale Wölfe, die keinem bekannten Territorium zuzuordnen sind (z.B. wandernde Tiere) gehören nicht zum reproduzierenden Bestand und werden deshalb nicht berücksichtigt. Sie lassen sich darüber hinaus aufgrund der weiten Wanderungen auch nicht plausibel zählen.

Sollte ein reproduzierendes Rudel neu festgestellt werden, ist automatisch davon auszugehen, dass die Elterntiere spätestens im vorangegangenen Monitoringjahr als Paar ein Territorium abgegrenzt hatten. Auf diesem Wege ist teilweise die rückwirkende Festlegung von Territorien erforderlich.

Als Status eines Territoriums (Einzelwolf, Paar, Rudel) wird immer der niedrigste plausibel erklärbare Status festgelegt. Als unklar gilt ein Status, wenn es aufgrund der regelmäßigen Anwesenheit von Wölfen zwar den Verdacht, aber innerhalb des Monitoringjahres keinen gesicherten Nachweis für ein territoriales Vorkommen gibt. Dann begründet sich die Intensivierung des aktiven Monitorings im Folgezeitraum der Auswertung, um den Status möglichst lückenlos aufzuklären und den Kenntnisstand aus den Vorjahren ggf. nachträglich korrigieren zu können.

Status (Quelle: www.lfu.brandenburg.de)

Residenter Einzelwolf – einzelner individuell erkennbarer Wolf, der mindestens 6 Monate in einem abgrenzbaren Gebiet lebt (Bestätigung überwiegend nur über Genetik möglich)

Wolfspaar – Wolfsrüde und Wolfsfähe, die gemeinsam ihr Territorium markieren, aber (noch) keinen Nachwuchs haben

Wolfsrudel – Gruppe von mehr als zwei Wölfen, die in einem Territorium leben; besteht meist aus dem Elternpaar und dessen Nachwuchs der letzten zwei Jahre (Welpen und Jährlinge)

Hinweisarten/ Methoden (Was?)

Direkte Anwesenheitshinweise:

  • Totfunde – Kadaver der besonders geschützten Art Wolf werden vor Ort dokumentiert, beprobt und zur Untersuchung an das Institut für Zoologie und Wildtierforschung in Berlin oder an eine andere geeignete veterinärpathologische Einrichtung übergeben
  • lebende Tiere (z.B. im Rahmen von Managementmaßnahmen gefangene, im Rahmen von Forschungsprojekten besenderte, verletzte oder kranke Tiere, verwaiste Jungtiere)
  • Sichtbeobachtungen, bei denen im Nachgang die entsprechende Tierart durch eine erfahrene Person auf Grundlage von Foto-/ Videoaufnahmen eindeutig identifiziert werden kann

Indirekte Anwesenheitshinweise:

Akteure (Wer?)

Die Bevölkerung ist eine immense und wichtige Informationsquelle. Täglich sind viele Menschen in Deutschland unterwegs. Selbst bei geringer Raubtierdichte findet immer Mal wieder jemand einen Hinweis auf ein Raubtier oder sieht sogar eines. Zufallsbeobachtungen (Kontaktdaten hier) sind eine wichtige und wertvolle Ergänzung zu den durch die vielen, oft ehrenamtlichen Helfer im aktiven Monitoring gesammelten Daten. Diese Sichtungen helfen, die Verbreitung und das Vorkommen der Raubtiere zu bestimmen. Das Sammeln solcher Informationen kann wichtige Hinweise auf neue Entwicklungen in der Population liefern.

Monitoringdaten werden immer vertraulich behandelt und Ortsangaben lediglich „unscharf“ veröffentlicht, das heißt, dass z.B. Gemeindebezeichnungen, jedoch keine genauen Koordinaten genannt oder anderweitig verfügbar gemacht werden.

Unterlagen

Monitoring von Großraubtieren in Deutschland (BfN-Skript 251 – 2009)

Monitoring von Wolf, Luchs und Bär in Deutschland (BfN-Skript 413 – 2015)

Konzept zum Umgang mit Wölfen, die sich Menschen gegenüber auffällig verhalten (BfN-Skripten 502 – 2018)

Wer war es? Spuren und Risse von großen Beutegreifern erkennen und dokumentieren (Wildlandstiftung Bayern 4.Auflage 2011)

Wolfsforschung im Molekularlabor (Harms et al 2011)

Wildtierbrücken in Deutschland (inklusive im Bau/ geplant)

Weitere Beiträge in der Kategorie „Monitoring“

Kommentar verfassen